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Auch Erinnerungen haben einen Kreislauf, und das Wetter am 18. Februar - Sonne, die nach Frühling schnuppert, das erste Vogelgezwitscher - war genauso wie exakt vor einem Jahr. Und immer noch, wohlglaubend, dass keine unsterbliche Seele existiert, frage ich mich, ob es dir jetzt wieder gut geht und ob du angenehme Gesellschaft hast und nicht einsam sein musst.






 
Wie gut die Entscheidung war, die mich so viel Kraft kostete damals vor knapp anderthalb Jahren inmitten von so etwas wie einer Depression, nämlich einen Flug nach Amerika zu buchen, merke ich jetzt immer mehr, denn ich habe das Reisen wiederentdeckt. Und ich stelle fest, dass mir kaum etwas anderes so viel Spaß macht, wie erst aus dem Bauch heraus spontan ein Ziel zu finden und danach stundenlang, tagelang nach der perfekten Route, nach Bahn-, Fähr- und Flugverbindungen, nach der passendsten Unterkunft, nach Ausflugszielen und Wanderrouten zu suchen. Und es dann einfach zu buchen und zu wissen, das wird gut.






 
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Diese ungebändigte Erleichterung, wenn man eine Aufgabe hinter sich gebracht hat, die der innerlichen Besteigung des Mount Everest nahekam. Da sind am Ende nicht die Zahlen wichtig, sondern dass man der Angst ins Auge gesehen hat. "Du bist so blass um die Nase.", sagte er zu mir. Ich sagte nicht, warum, und war es hinterher nicht mehr.

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Als Belohnung für ein ganzes Jahr und den ersten Sieg des Jahres habe ich mir ein viel zu wertvolles Geschenk gemacht. Und doch bin ich angemessen glücklich darüber. Endlich wieder weg vom Knipsen und hin zur Wertschätzung all der Technik. Ich hatte schon vergessen, um wie viel schöner sich das Gewicht in den Händen anfühlt. Und dass so eine Spiegelreflexkamera eine ganz andere Art von Realität hat. Wie gut es tut, die Welt nicht durch einen Bildschirm zu sehen.






 
Jetzt erst die Texte gefunden. Viel zu spät. Und im Nachhinein noch Angst.






Wenn sich Grundlegendes im Leben ändert und plötzlich Ängste überflüssig werden und Ziele durch ganz andere ersetzt oder auch erst getestet werden müssen, ist man mit einem Mal wieder auf hoher See, fürchtet sich vorm Klabautermann und versucht, mit geringer Kenntnis nach den Sternen zu navigieren. Und es braucht eine Weile, bis man das Meer wieder versteht und klar ist, dass es den Klabautermann nicht gibt. Man befindet sich in einer Zwischenwelt, fern von allem. Und das ist schön und beängstigend zugleich.






 
Eine starke Erinnerung an mein Kindsein ist das Glücksgefühl bei der Heimkehr nach langen Reisen. Wie verlassen die Wohnung dalag und gleichzeitig hoffnungsvoll, als habe sie uns zurückersehnt, wurde dann aber doch in ihrem Tun, das aus nichts anderem bestand, als in Ruhe und Frieden dazuliegen, unerwartet gestört. Ich ging immer zuerst in alle Räume, die unfassbar ordentlich wirkten und zugleich staubig, ein Zustand, der sich auch in ihrem ureigenen Duft zeigte. Und wie froh ich damals war, mein Bett wiederzusehen und meinen Schreibtisch. Meinen Raum wiederzuhaben und die Tür, die ich zumachen konnte. Und jedesmal war ich überzeugt, dass keine Reise jemals so schön sein könnte wie dieser Moment der Rückkehr.






 
Und der Text über New Orleans liegt im Steinbruch. Weil ich nie etwas zu Ende bekomme, weil alles immer überlagert wird vom täglichen Gerausche. Und dass ich mich nach Ruhe und letztlich Internetlosigkeit sehne. Nach dem Rattern einer Schreibmaschine, danach, dass mir die Hand beim Schreiben mit dem Stift nicht sofort verkrampft. Vor allem nach Zeit. Darauf, auf Null zu stellen. Einen Monat lang einfach nur zu lesen. Nichts zu produzieren, zu rezensieren. Nur kleine Bleistiftnotizen und Ausrufezeichen an die Ränder zu quetschen.







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