moserêthikê
 
Tod, Liebe und Freundschaft.






Und dass es viel schwerer ist, die Bilder im Kopf, die letzten, wie sie stirbt, zuzulassen, als sie einfach zu verdrängen.






 
(Next stop Notaufnahme. Warten auf Schmerzmittel. Suche nach Netz. Der vergebliche Versuch, die anderen auszublenden. Humpeln in der Nacht.)






Wenn endlich die Hitze wieder in der Stadt weilt, wenn die Luft über der Karl-Marx-Allee flimmert, wenn alles erstarrt und ruhig und friedlich wird, wenn innen und außen auf der Haut nicht mehr unterschieden werden kann, und wenn am Abend dann die Mauersegler in großen Gruppen laut pfeifend durcheinander surren, das Pärchen Ringeltauben in der Linde raschelt und all die Lichter angehen, die Geräusche der Stadt sich zu einem Lied, zu den Strings of Nashville, verdichten, und wenn sich schließlich im Hauch der abendlichen Kühle der Duft des Sommers von der Hitze befreit und klar wird, dann bin ich wohl glücklich. Der Sommer ist jetzt meine Mutter.






 
Auf hoher, dunkler See.






 
"Als ob Herzen immer schon ahnen, was kommt. Als ob Trauer etwas ist, was man nicht früh genug lernen kann. Frühling ist ja immer Trauerarbeit. Bärlauch. Kastanien. Flieder. All das Butterhoffnungsgelb. Die im Winter sterben, sterben in sicheren Farben."

Heute wärst du 61 Jahre alt geworden. Aber es ist, als habest du es auf der 60 beruhen lassen wollen. 60 Jahre: Das war der Sieg. Der Sieg gegen alle Prognosen. Der Sieg deines mit Selbstverständlichkeit gesagten und gefühlten Satzes: Aber ich habe doch gar nichts. Die 61 wäre eine Bürde gewesen. Der Weg zur 70 zu lang.

Du hast es in dir gehabt, das Wissen um den richtigen Zeitpunkt. Wann man kommen, wann man bleiben und wann man gehen sollte.

Der Winter war zu Ende, als du gingst, und der Frühling kam am Tag deiner Beerdigung.

Und ich ertappe mich immer wieder in diesem kraftvollen, klaren Frühling, durch den ich ohne Halt stolpere, beim Gedanken: Wie gern du hier in der Sonne gesessen hättest. Und genau dies ist mein letztes schönes Bild und mein letztes Foto von dir: Wie du, fertig angezogen und bereit, um endlich aus dem verhassten Krankenhaus in deine Wohnung zurückzukehren, auf dem Bett liegst. Ich sagte zu dir: Mach ruhig nochmal die Augen zu, es dauert noch einen Moment. Und dankbar schlossest du die Augen, richtetest dein Gesicht in die Sonne und schliefst ein, friedlich. Ich machte das Foto heimlich, denn ich wusste, ich würde es bald brauchen.

Das andere Foto habe ich sofort wieder gelöscht.

Wie sehr du mir fehlen würdest, habe ich nicht geahnt. Mir fehlt nicht das Gespräch - wir waren nie Gesprächspartner, ich redete eher hilflos zu dir, immer schon in dem Gefühl, mit dem, was ich dir erzählte, sowieso nie deine Hoffnungen und Erwartungen an mich erfüllen zu können -, mir fehlt es einfach, dass du da bist. Und es ist, als sei ein großer Teil von dem gestorben, was ich bin. Und als ob ich nun von vorne anfangen muss. Ganz von vorn.

Und vielleicht gerade weil du so still warst, ist es jetzt unfassbar still geworden.






 
Der Rückzug. Verzweifelte Suche nach dem Boden, nach Festigkeit. Nach Erde, Holz, Teer und Sonne.






 
I don't ever want to die
Do you know this arrow when it arches high
To meet the eagle in the sky?
The eagle flies using the river as a map
A small animal in its clasp
Alive and enjoying the ride
Is life a ride to ride?
Or a story to shape and confide?
Or chaos neatly denied?






Ihre Sachen durchgehen, ihren Schmuck durchgehen. Mit dem Bild im Kopf, wie eine Fremde ihren Mantel tragen wird. In dessen Taschen noch ihre Taschentücher sind. Nicht loslassen können. Und plötzlich die Erinnerung, wie ich müde in Prof. Moskopps Neurochirurgie auf die Oberärztin warte und die Sinnlosigkeit all dessen fühle. Und trotzdem sitzen bleibe, weil ich nicht weiß, was ich sonst tun soll. Und immer wieder dieses verschwommene Bild und unscharfe Gefühl davon, wie das Sterben war. Es nicht ergreifen können. Wo war noch Leben, ab wann war der Tod? Sie war einfach nicht mehr da.






 
The ultimate New Orleans drink is the Sazerac, enjoyed at any time of day, but always with a touch of class.







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