Die Meerrettichsuppe verlangte nach Nachschlag. Ich erhielt ihn heimlich in der Küche. Ich hörte Geschichten und aß Rehfilet. Um die Soße wurde höflich gestritten.
1.19 Uhr in Charlottenburg. Die Kälte ballte sich in Wolken. Man sieht's nur, wenn man's spüren will. Nach fünf Stunden Schlaf drückte ich viele falsche Knöpfe. Böse? Oh nein. Der Schein der Lampe dringt durch die Decke. Beruhigende Wurzeln im Ohr auf der Fahrt nach Norden. Die Frau und das Pferd. Buckeln gesessen im Galopp. Durchgefrorene Beine im roten Wasser.
Der Barbour-Mitfünfziger vor der deutschen Bank am Potsdamer Platz hat den Kofferraum seines Mercedes geöffnet. Mit der Gewissenhaftigkeit eines Mannes, der eine Leiche verschwinden lassen will, holt er aus dem riesigen Pappkarton eine große schwarze Tasche nach der anderen, alle gefüllt mit zartgrünen Schaumstoffstopfteilchen. Er schüttet die grauslig knisternden Teilchen lose in seinen Kofferraum hinein und wirft die Tasche hinterher. Diesen Vorgang wiederholt er ein paar Mal bis alle Taschen und Füller verstaut sind und sein Kofferraum überzuquellen droht. Anschließend fängt er an, den Karton in Stücke zu reißen, die er ebenfalls in den Kofferraum schiebt.
Man kann nicht alle Menschen verstehen, sage ich mir und schiebe mein Rad weiter. Über den Potsdamer Platz wehen kleine Schaumstoffquader.
Schon fast hatte ich vergessen, wie amüsant es ist, abends im Prenzlauerberg eingezwängt an Tischreihen zwischen jungen undoder hippen Prenzlauerbergern zu sitzen. Man kann da sein vietnamesisches Süppchen löffeln und kommt nicht mehr zum Reden mit seinem Gegenüber, weil man offenen Mundes staunend von der Welt hier hört. Einer Welt, in der reale Geschehnisse nur dann real sind, wenn sie auf Facebook dokumentiert wurden. "Wenn ich so was mache", sagt sie, "dann schüttel mich, dass ich aufhöre, oder lösche zumindest alle Facebook-Fotos." Denn die andere, die andere, die hat etwas auf dem schwarzen Kontinent angefangen. Soll sie doch, die Dumme, aber dass sie allen Ernstes Fotos von sich und ihm, mit seinem Arm um ihre Schulter, in Facebook veröffentlicht. Wie dumm ist das denn!
Fast bedaure ich es, nicht dort zu wohnen und jeden Abend mein Süppchen zu löffeln.
Aus der Reihe "Schöne Gerüche, die man selten zu kosten bekommt": frisch gesägtes Holz. Gestern gerochen in der Genthiner Str.
Der pünktliche Herbst.
Das gelbe Tier im Ofen.
Das Magentier auf dem Sofa.
Nur noch kurze Schlagwörter.